Die Nerven stehen als Bollwerk des deutschen Post-Punks für durchdachte Texte, drückende Sounds und immer wiederkehrende abstruse Kontraste. „WIR WAREN HIER“ ist erneut genau das, ein kreatives Bollwerk der Kontraste über das Leben, die Psyche und den Kopf.
Schon der Beginn vom Opener „ALS ICH DAVON LIEF“ bereitet Hörer*innen eindrücklich auf den Rest vor. Wie eine startende Achterbahn schiebt der Bass und die restliche Lautstärke jedem in das gewählte Sitzmöbelstück. Verzogene Gitarren und ein melodischer Refrain treffen auf eine raue und melancholische Stimme, welche über die eigene Flucht vor dem Realen singt. Die nächsten Songs, die folgen, lassen sich als komplette Gegensätzlichkeit beschreiben: „DAS GLAS ZERBRICHT UND ICH GLEICH MIT“, als schneller, fast waviger Song, „GROßE TATEN“ mit leiser Strophe und schallendem Refrain und dann der Titeltrack „WIR WAREN HIER“ als wohl klassischster Die Nerven-Song, was auch immer das bedeuten mag. Mit „ACHTZEHN“ stimmt das Trio aus Stuttgart eine waschechte Ballade an, welche zurückgefahrener und trauriger kaum sein könnte, mit einem Blick in die eigene Vergangenheit. Der letzte Teil des Albums ist dann erneut sehr laut. Keine Ruhe, keine halben Sachen, geballter Post-Punk in Reinform inklusive verzogener Gitarren, pompösem Aufbau und stimmgewaltiger Lyrik. Mit „DISRUPTION“ endet das Album auf einem Höhepunkt. Ganze fünf Minuten lang bauen Die Nerven hier nach und nach einen Epos zusammen, welcher sich im letzten Teil als Grande Finale mit allen Elementen des Albums schmückt, in eine Flamme der Emotionalität aufgeht und danach in die eindrückliche, emotionsgeladene Stille entlässt, welche das Album für knapp 35 Minuten nicht zugelassen hat.